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Oman – das unbekannte Land am Arabischen Meer

„Was willst Du denn in der Wüste?“ so fragten mich Freunde und Bekannte, als ich ihnen von der geplanten Reise in das Land aus tausendundeiner Nacht erzählte. Gab es dort mehr zu sehen als nur Sand und trockenes Land? Ich wollte Menschen und Kulturen kennen lernen, in der Wüste den Sternenhimmel betrachten und vielleicht auch an schneeweißen Stränden baden. Mit neun Gleichgesinnten wollte ich diese Reise unternehmen.
Unsere Reisegruppe trifft sich bereits am Flughafen in Frankfurt. Neugieriges Beäugen der Teilnehmer. Über Bahrain fliegen wir nach Muscat, der Hauptstadt Omans. Schnell ist die Abfertigung bei der Passkontrolle und ab geht es mit Geländewagen zum Hotel. Für drei Wochen lassen wir uns auf das Abenteuer Oman mit Wüste, Oasen, Meer und Gebirge ein. Drei Führer aus Deutschland bzw. Oman begleiten uns.
Nach der ersten Hotelnacht beginnt die Tour. Die ersten Kilometer sind asphaltiert. Das ändert sich schlagartig und wir wissen schnell, warum wir mit Geländewagen unterwegs sind. Die meisten Straßen bestehen aus Schotter und werden ab und zu planiert. Staub dringt in die Wagen und hängt als Nebel auf der Straße. Der Weg endet in einem Wadi, einem Trockenflusstal. Nur bei Regengüssen führen die Wadis Wasser, dann aber so viel, dass man diese Gebiete unbedingt meiden sollte, um nicht mit Auto oder Zelt weg geschwemmt zu werden. Palmen und Gras zeigen uns, dass Wasser vorhanden ist. Mit einem Boot setzen uns Kinder über einen kleinen Teich. Zu Fuß geht es weiter, bis wir zu einer Lagune kommen. Die Badesachen sind schon angezogen und etwas mühselig klettern wir über einige große Steinblöcke, bis wir uns in das kristallklare und warme Wasser hinab lassen können. Einige Lagunen sind miteinander verbunden und wir gelangen in eine Grotte, die schwer zugänglich ist. Über Wasser passt nur der Kopf seitwärts durch die hoch aufragenden Felsen. Feuchtes Moos an den Wänden, die oben durch die Felsöffnungen blinzelnde Sonne und die kristallblaue Farbe des Wassers entschädigen uns.
Unsere Zelte wollen wir in der Wüste Wahiba aufbauen. Diese Wüste ist mit ihrer Größe von 15.000 qkm eher klein, aber für uns erscheint sie unermesslich groß. Schnell sind die Zelte aufgebaut, jeder sieht nach, ob nicht doch ein Skorpion oder eine Schlange den Weg in das Zeltinnere gefunden hat. Matten werden vor den Wagen ausgebreitet. Für die nächste Zeit sind Tisch und Stuhl Fremdworte. Gemütlich wird es erst nach einigen Minuten, als jeder die für ihn optimale Sitzposition gefunden hat, auf den Knien oder im Schneidersitz. Der Tee macht die Runde, von unserem omanischen Führer Adil mit Ingwer und Kardamom gewürzt. Bevor am frühen Abend die Sonne versinkt und dem vollen Mond Platz macht, muss Gemüse geschnitten werden. Wir stellen fest, dass es doch einige gibt, die zum ersten Mal Kartoffeln schälen. Knoblauch wird als Medizin verwendet, jeden Tag wird der Konsum vergrößert und wir landen schließlich bei vier Knollen pro Tag. Um 19.00 Uhr senkt sich die Nacht über uns. Wir genießen das von Klaus gekochte Essen und schauen hinauf zu dem unermesslich weiten Sternenmeer. Die Venus und der Orion sind unsere täglichen Begleiter. Sternschnuppen fallen vom Himmel und Wünsche werden zum Himmel geschickt. Die Nacht wird kalt, schnell sind wir in den Zelten verschwunden. Von über 30 Grad am Tag rutscht die Temperatur auf 6 Grad in der Nacht. Am Morgen sind die Zelte nass. Der Tau überzieht die Wüste mit Feuchtigkeit. So wundert es uns auch nicht, dass wir mitten in der Wüste Büsche und kleine Bäume entdecken, an denen sich Ziegen und Kamele gütlich tun. Die Beduinen nutzen diese Vegetation neben der Viehfütterung auch als Brennholz.

Von der Wüste geht es wieder an die Küste. Fischer kommen gerade mit ihren Booten rein und versuchen, durch Schütteln die Sardinen aus den Netzen zu befördern. Überall liegen die kleinen, silbrig glänzenden Fische in dem feinen Sand. Unser Hobbyangler und -koch Heinz überzeugt unsere Köche, doch Sardinen zu kaufen. Mit 30 Fischen macht er sich zum Wasser auf, säubert die Fische und nimmt sie aus. Am Abend gibt es gebratene Sardinen mit Gemüse und Brot. Nun sind wir auf den Geschmack gekommen. Am nächsten Tag warten acht Kilo Thunfisch darauf, von Heinz gebraten zu werden. Der Abend am Strand bringt noch eine Besonderheit. Auf den Wellen sehen wir ein Leuchten wie von Zauberhand. Die im Wasser fein verteilten Algen werden vom Mond angestrahlt und geben ein fluoreszierendes Licht. 
Von der Küste geht es weiter Richtung Süden in die Berge. Wir kommen uns vor wie „im wilden Kurdistan“. In einem Canyon werden die Zelte aufgeschlagen. Über uns kreisen zwei Adler. Die Sonne versinkt schnell hinter den hohen Felsen und taucht die Berge in ein rötliches Licht. 
Wir nähern uns dem Süden des Omans, der Region Dhofar. Die Hauptstadt der Weihrauchregion, Salalah, liegt ca. 1.000 km entfernt von Muscat. Zum ersten Mal sehen wir Rinder, die links und rechts der Straße weiden. Bedingt durch die klimatischen Voraussetzungen kann im Dhofar Landwirtschaft betrieben werden. Im Sommer kommt der Regen als feiner Nieselregen herunter. Für viele Omanis ist diese Region im Sommer das Ferienparadies. Im Norden des Oman hat es seit ca. fünf Jahren nicht mehr geregnet. In Salalah genießen wir die Annehmlichkeiten des Hotels. Es gibt endlich wieder eine Dusche! Als wenig Publikum am Strand zu sehen ist, wagen wir uns auch ins Meer. Frauen baden normalerweise sehr selten in Oman, und wenn, mit Bekleidung. Beim Bummel über den souq, den Markt, in Salalah, fällt auf, dass wir die einzigen Touristen sind. Aber kein Problem, überall werden wir freundlich und neugierig aufgenommen. In der Nähe von Salalah finden wir Weihrauchbäume. Diese knorrigen kleinen Bäume wachsen nur wild. Ihre Rinde wird mit dem Messer angekratzt und beginnt zu „bluten“. Das auslaufende Harz trocknet und wird danach abgeklopft. Weihrauch liefert den auch bei uns bekannten Geruch durch das Anzünden des Harzes. Es kann aber auch gekaut werden und hilft u. a. gegen Magenbeschwerden. Der wertvollste Weihrauch ist sehr hell, denn dann gibt es kaum Verunreinigungen.

Von Salalah aus zieht es uns in die Rub al-Khali, das Leere Viertel. Diese Wüste zieht sich bis weit nach Saudi-Arabien hinein. Mit einem Beduinenführer fahren wir von Düne zu Düne. Immer weiter geht die Fahrt in die unendliche Sandebene. Die Dünen zeigen unterschiedliche Gesichter, mal mit steilem Kamm, dann wieder leicht gewellt, mit großen Tälern, von der Sonne ocker bis rotbraun gefärbtem Sand. Unser Beduine sieht von Düne zu Düne und zieht mit dem Wagen seine Kurven, die von uns nie vorherzusehen sind. Manches Mal bleibt uns das Herz stehen, wenn wir auf einen Dünenkamm fahren und nicht wissen, wie steil es auf der anderen Seite wieder bergab geht. Mit den Sandreifen kommt unser Fahrer aber immer sicher an sein Ziel. Unsere eigenen Führer haben nicht immer dieses Glück. Sand schaufeln und schieben gehören zu unserem täglichen Programm bei 35 Grad Hitze. Die Abende und Nächte versöhnen uns aber sofort mit der Wüste. Wieder dieser Sternenhimmel! Für eine Nacht vertauschen wir das Zelt mit dem Himmelszelt. Es ist ein großartiges Gefühl, über sich nur die Sterne zu wissen. Am Morgen ist der Schlafsack von außen nass, innen aber kuschelig warm. Mitten in der Rub al-Khali treffen wir auf ein Beduinencamp. Schnell werden wir zu Kaffee und Kamelmilch eingeladen. Die Gäste zu bewirten, ist in Oman eine Selbstverständlichkeit. Ca. 150 Kamele gehören zu dieser Beduinengruppe. Viele Fohlen wurden bereits geboren und werden uns stolz präsentiert. In Oman gibt es keine wilden Kamele, auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht. Alle Kamele tragen einen Halsbrand und gehören einzelnen Personen.

Nach fünf Tagen hat uns die Zivilisation wieder. Auf der Hauptstrecke von Salalah nach Muscat geht es wieder nach Norden. Nizwa ist unser nächstes Ziel. In der Stadt gibt es einen Dattelsouq. In großen Eimern werden die verschiedenen Datteln angeboten, sehr weich bis fest, mit Kern oder auch mit Nüssen gefüllt. 157 Sorten von Datteln gibt es in Oman. Die Datteln sind sehr energiereich, bestehen sie doch zu 70% aus Zucker, dazu kommen viele Vitamine und Mineralstoffe. Schon vor vielen Jahrtausenden war die Dattel ein wichtiges Lebensmittel. Aber nicht nur Nahrung liefert die Dattel, die Palmwedel werden zu Seilen, Taschen und Körben, die geriebenen Kerne können als Viehfutter oder auch als Kaffeeersatz genutzt werden. Ca. 7 Mio. Dattelpalmen stehen im Oman, allerdings nicht im Süden, da es dort zu feucht ist.
Die Forts, die wir in der Region um Nizwa besuchen, haben alle Einrichtungen, um Datteln auspressen und trocknen zu können. Feinde hat man in früheren Zeiten mit heißem Dattelsirup übergossen. Die Vorrichtungen dafür sind noch gut erhalten.
Die letzte Etappe führt uns in das Gebirge um den Jebel Akhdar und Jebel Shams. Jetzt ist Jörg, von Haus aus Geologe, in seinem Element. Zum ersten Mal hören wir, dass Oman für Geologen von allergrößter Bedeutung ist. In der Kreidezeit trat glühendes Magma aus der unteren Erdkruste und dem oberen Erdmantel hervor, floss teilweise als Lava auf den Meeresboden und wurde dann durch ungeheure Kräfte auf die kontinentalen Landmassen Omans verschoben. Noch heute kann man die sogenannten Ophiolithe im Gebirge bewundern. Hier ist es möglich, die Grenze zwischen Erdmantel und Erdkruste, die sonst in ca. 75 km Tiefe vorhanden ist, zu erkunden.
In dieser Gebirgsregion finden wir viele Bergdörfer, die noch aus Lehm gebaut wurden und inzwischen verlassen worden sind. Sie kleben an den Felsen und können teilweise besichtigt werden. Überraschend, wie kühl es in diesen Lehmbauten ist. Auf dem Jebel Shams, mit 3009 m der höchste Berg Omans, eröffnet sich vor uns ein Canyon, der dem Grand Canyon in den USA ebenbürtig ist.
In Muscat endet die Reise durch ein Land, das viele unterschiedliche Naturräume bietet. Mit 2,3 Mio. Einwohnern, davon ca. 800.000 Ausländer, und einer Größe von ca. 370.000 qkm ist die Bevölkerungsdichte sehr gering. Die meisten Menschen leben in den Städten Muscat, Nizwa und Salalah. Viele kleine Dörfer verteilen sich über das gesamte Land. Daneben gibt es auch noch Beduinen, die mit ihren Kamelen durch die Wüste ziehen.
Wir haben in diesen Wochen das Leben in diesem Land ein wenig kennen gelernt. Die Einstellung zum Leben und die Zeit haben eine andere Bedeutung erhalten. Hoffentlich können wir ein wenig davon in unseren Herzen bewahren. 

(c) Ulrike Struck

Tourverlauf dieser Reise und Fotos dazu

Bedu Expeditionen